Gehören Sie auch zu denen, die diese terminbefreite Zeit nutzen um die unzähligen Familienfotos, die mehr oder weniger sortiert in den Tiefen digitaler Speichermedien verborgen liegen, aufarbeiten und daraus schicke, repräsentative Familienalben komponieren?
Die Familienfotos der französischen Fotografin, die wir diesen Monat zum KunstRätsel machen, sind, so scheint es, kaum zum Herzeigen gemacht. Sie dekonstruiert methodisch die Idee des traditionellen Familienalbum mit adrett gekleideten, schönen und glücklichen Familienmitglieder. Ihr Fotoband „Family Games“ ist kein Bilderbuch, das eine Idealfamilie ausstellt. Da werden Nasenlöcher lang gezogen, Gesichter verbeult, Körper ineinander verschlungen und physische Bezüge hergestellt, die sowohl unsere Idee vom Familienfoto als auch vom familiären zwischenmenschlichen Bezug irritieren. Die Künstlerin, geb. 1973 in Lisieux, bearbeitet die Normen des familiären Umgang, hinterfragt das übliche Nähe-Distanzverhältnis und inszeniert verstörende Begegnungen. Wer hat über wen Macht? In welchem Verhältnis stehen die Geschlechter zueinander? Wer ist als Täter, wer als Opfer, inszeniert?
Auch im Projekt „Mother and Daughter II“, aus dem wir das Foto „Löwe“ (gesehen bei der Ausstellung Rabenmütter im LENTOS, Linz) aufgegriffen haben, ist sie weit entfernt von einer klassischen Mutter und Tochter Ikonographie.
Auf welcher Fotografin beziehen wir uns?