KunstRätsel 055

Sicher, uns spricht das Foto, auf das wir uns dieses Monat beziehen, nicht aufgrund seiner künstlerischen Ansprüche an, sondern wegen seines/seinem Motiv. Ein Kind mit Eigensinn auf der Straße liegend – da gehen wir in Resonanz. Das wollen wir auch inszenieren, dachten wir. Pippilotta war bereit. Anfangs zumindest. Dann war es zu heiß, zu dreckig, zu wir wissen nicht was. Sie wollte nicht mehr oder zumindest nicht so, wie wir wollten und Andrea übernahm die Position „der Liegenden“. Zu am Boden liegenden Erwachsenen hat man komplett andere Assoziationen als zu am Boden liegenden Kindern und wir waren damit beschäftigt, hilfsbereite Menschen davon zu überzeugen, dass sie nicht die Rettung rufen müssen.
Somit drängt sich auch schon die Frage auf, welche Art von Wirklichkeit es ist, die man hier – und auf jedem anderen Foto? – zu sehen bekommt. Illusion versus Objektivität vor dem sogenannten Objektiv. Genau das charakterisiert die großformatigen, hinterleuchteten Fotografien des von uns interpretierten Künstlers. Scheinbar sind es Alltagswelten, die er uns zeigt. Sie entsprechen allgemeinen Erfahrungen und Wahrheiten, sind aber in all ihren Details inszeniert. Nur scheinbar ist es ein Schnappschuss, der eine wahre Begebenheit abbildet.
Der von uns aufgegriffene Künstler hatte im Frühling 2019 seine erste Ausstellung in der Gagosian Gallery New York. Dort präsentierte er das von uns interpretierte Foto. Seit seiner Nutzung von Lichtkästen für Fotografien ab den 1970er Jahren, einem Medium, das damals ausschließlich für Werbung im öffentlichen Raum verwendet worden ist, ist er berühmt und hoch dotiert. Ursprünglich war er nicht Künstler oder Fotograf sondern Kunsthistoriker. Wen interpretieren wir mit diesem KunstRätsel?

Im Juni war es Isa Genzken mit ihrem Künstlerinnnen-Collagenbuch mit der Aufforderung „Mach dich Hübsch!“.