Bilder, Bilder an der Wand 2011

Im Rahmen von „Artist in Residence“ Wartberg ob der Aist / Wartberg 900 (2011) führte ich mit meiner Studienkollegin Anamarija Batista das Projekt „Bilder, Bilder an der Wand“ durch. Menschen waren eingeladen, uns ein Bild zu zeigen, dass für sie von Bedeutung ist. Wir entwickelten Texte, die die individuelle Bedeutung des Bildes erfasst und es gleichzeitig in einen größeren (bildtheoretischen) Kontext stellt.

 

Projektkonzept „Bilder, Bilder an der Wand“
„Artist in Residence“ Wartberg ob der Aist, 2011
In unserem gegenwärtigen Lebensalltag sind wir von Bildern mit
unterschiedlicher Funktion, in unterschiedlichen Medien und von
unterschiedlichsten Menschen und Apparaten hergestellt, umgeben. Wir haben
uns daran gewohnt und beschäftigen uns im Allgemeinen nicht tief gehender mit
diesen Bildern. Wir durchblättern die Zeitung, drehen am Ende des Monats ein
Kalenderblatt mit dem alten Bild um, gehen vielleicht mal in eine Ausstellung und
haben Bilder an den Wänden hängen.
Das Projekt „Bilder, Bilder an der Wand“ – ist ein Angebot und eine Aufforderung
an Wartbergerinnen und Wartberger: Zeigen sie uns ihr Bild! Welche
Abbildung, welches Bild beeindruckt sie besonders? Welches Bild begleitet sie in
ihrem Leben schon seit langer Zeit? Oder welches Bild haben sie gerade erst
gestern in der Zeitung gesehen und sich über seine Inhalte, Komposition,
Auflösung gewundert? An welchem Bild können sie sich nicht satt sehen? Welche
Bilder von Zeichentrick-Figuren oder aus Computerspielen begleiten sie? Welches
Bild hat einen besonderen Stellenwert für sie und hängt an einem besonderen
Platz in ihrer Wohnung? Würden sie es als Kunstwerk bezeichnen, warum oder
warum nicht? Erzählen sie uns, welche Geschichte und welche Gedanken sie mit
dem Bild verbinden? Was bedeutet das „ausgewählte“ Bild für sie?
Bilder – egal aus welcher Quelle, egal ob Kunstwerk, Gemälde, Fotografie,
Zeitungs-/Illustrierte-Ausschnitt, Internet, Kalenderblatt – erzählten Geschichten,
jedes Bild will uns etwas zeigen. Ein Angebot für jeden und jede, gleich welchen
Alters und sonstiger Kategorisierung – einzig mit der Einschränkung in Wartberg
wohnhaft zu sein. Wir lassen uns erzählen. Wir wollen mit den Bewohnerinnen
und Bewohnern von Wartberg ins Gespräch kommen, sie nach ihrem Bezug zu
einem von ihnen ausgewählten Bild fragen. Wir bringen unsere Erfahrung im
Umgang mit Bildern ein, zeigen vielleicht ganz andere mögliche Sichtweisen auf
das Bild auf.
Organisatorisch könnte es so aussehen, dass zu festgelegten, angekündigten
Stunden das Feuerwehrhaus geöffnet ist und jede und jeder herzlich eingeladen
ist, mit seinem Bild zu „Bild-Sprechstunden“ zu kommen.
Die Ankündigung kann über die Gemeindezeitung, die Zeitschriftprogramme oder
auch über regionale Medien (Freies Radio Freistadt), bzw. über Aushang im Ort
oder mündlicher Ankündigung (z.b. Kirche)gemacht werden.
Die „Bild-Sprechstunden“ sind auch für kleinere Schulklassen oder Gruppen nach
vorheriger Terminvereinbarung möglich.
Die Präsentation am Ende des Aufenthaltes zeigt die Bilder der Wartberger
Bevölkerung. Für die Gestaltung der Präsentation gibt es unterschiedlichste
Möglichkeiten, die während des diskursiven Prozesses festgelegt werden. Es wäre
denkbar, die Bilder von der Bevölkerung zu entlehnen und direkt zu präsentieren.
Eine andere Möglichkeit ist aber auch, Fotografien der Bilder samt der Person
anzufertigen, und diese auszustellen. Zur visuellen Gestaltung kommt ein Text,
der das Gespräch über das Bild, Aussagen der Bewohnerin / des Bewohners und
unsere Fragen und Kommentare, Ideen und Anmerkungen zusammenfasst.
Die Intention des Projektes ist es, sich explizit mit Bild-Werken aus unserer
Alltagswelt auseinanderzusetzten. Bilder sind immer von jemandem mit einer
bestimmten Intention gemacht und der Leitsatz „ich glaub nur was ich sehe“
kann einer Vergangenheit zugeschrieben werden, die es vielleicht niemals gab.
Genauso ist die Zeit, in der Handwerker und Künstler, die einzigen waren, die das
exklusive Recht zur Bildproduktion hatten, schon lange vorbei. Bilder üben eine
Macht aus, prägen sich in unser Gedächtnis ein und erschaffen Wahrheiten. Wer
steckt den hinter den Bildern, wer hat sie gemacht? Warum er/sie es so und nicht
anders gemacht hat? Weshalb spricht es einen so besonders an? – Diese und
weitere, noch ungeahnte, Fragen sollen im Rahmen der „Bild-Sprechstunden“
aufgeworfen und diskutiert werden. Als großes „Hintergrundrauschen“ umgibt
damit der Gedanke von Foucault – „Die Kunst nicht dermaßen regiert zu werden“
die Intention des Projektes.
Anamarija Batista, Andrea Fröhlich, Jänner 2011